In den Tuberkuloseheilstätten des ausgehenden 19. Jahrhunderts war der Blaue Heinrich fester Bestandteil der Therapie. Selbst in Thomas Manns „Zauberberg“ spielt das kleine blaue Taschenfläschchen eine Rolle und erinnerte den an Tuberkulose erkrankten Protagonisten Hans Castorp an sein Leiden. Nachdem Robert Koch (1843-1910) den Erreger der Tuberkulose entdeckt hatte, entwickelte Peter Dettweiler (1837-1904), Dirigent an der Lungenheilanstalt zu Falkenstein im Taunus, das blaue Taschenfläschchen und stellte es 1889 erstmals auf einem Ärztekongress in Wiesbaden vor.
Der Blaue Heinrich ist aus blauem Glas gefertigt und wird mit einem Metalldeckel verschlossen. Den 10,5 cm hohen, fast ästhetisch wirkenden Apparat benutzten Tuberkuloseerkrankte, um ihr infektiöses Sputum aufzufangen und zu verwahren. Er sicherte den unappetitlichen und gefährlichen Inhalt: Selbst wenn der Deckel nicht geschlossen war und der Blaue Heinrich umkippte, konnte bei maximal halb gefülltem Fläschchen nichts ausfließen. Man leerte das Gefäß durch den abschraubbaren Boden und reinigte es anschließend mit fünfprozentiger Karbollösung. Medikamente wie Streptomycin, die direkt gegen den Erreger wirkten, kamen erst Mitte des 20. Jahrhunderts auf den Markt.